Was ist der Sinn des/meines Lebens?
Wer hier eine einfache Antwort auf eine so komplexe Frage erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Denn die Antwort, auf diese existentielle Frage, beinhaltet einen Prozess des Suchens und kann jeder nur in sich selbst finden. Der erste Schritt aber, auf der Suche nach einer Antwort, ist, sich diese Frage überhaupt zu stellen.
Wann stellt man sich die Sinnfrage?
Meistens dann, wenn es einem schlecht geht, wenn man mit seinem Dasein grundsätzlich hadert oder in Lebenskrisen steckt. Menschen mit einem positiven Lebensgefühl würden die Sinnhaftigkeit ihres Lebens nur in den seltensten Fällen in Frage stellen. Möchte man einer Lebenskrise nun etwas positives abringen, kann man also sagen, dass eine Krise den Menschen dazu veranlasst, sein gegenwärtiges Leben rückblickend zu reflektieren.
Welchen Sinn haben persönliche Krisen?
Eine Lebenskrise ist wie ein Hagelkorn. Anfangs steigt ein
Samenkorn, angetrieben durch Aufwinde, in den
Himmel. In einer Gewitterwolke wirkt der Samenkorn
dann als Kristallisationskern, Wasser kann sich anhaften
und gefriert zu Eis. Wenn dieser Eisklumpen dann als
extremer und vernichtender Hagelschlag zur Erde fällt,
können ganze Landstriche verwüstet werden und somit
Trauer und Leid bringen. Auf den zerstörten und freien
Gebieten ist aber nun Platz für neues Leben. Der
Hagelkorn schmilzt und der Samen kann sich mit der
Erde vereinigen, wird genährt durch das geschmolzene
Wasser und kann als neues Leben wachsen.
Einerseits bringt der Hagelkorn also Chaos und
Vernichtung und andererseits trägt er neues Leben in
sich. Der Hagelkorn erfüllt demnach den Sinn, das Alte
zu beenden, um etwas neues entstehen zu lassen.
Übertragen auf Lebenskrisen heißt das: Lebenskrisen
bieten dem Menschen die Chance, seine alten Denk- und
Verhaltensweisen zu hinterfragen und
gegebenenfalls zu ändern. “Vielleicht haben ja gerade
meine Einstellungen und Ansichten mich erst in diese
Krise gebracht oder hindern mich, aus dieser Krise
wieder heraus zu kommen.”
Denn: “Menschen werden nicht durch die Dinge
beunruhigt, sondern durch die Sichtweise dieser Dinge.” (Epiktet).
Welchen Sinn hatten/haben Krisen in der Entwicklung/Evolution des Menschen?
In der Entwicklungsgeschichte des Menschen finden wir
Phasen der Not genauso, wie Zeiten des Überflusses.
Während Phasen des Überflusses eher dem Wachstum
und der Vermehrung dienen, finden große
Entwicklungssprünge in Zeiten der Not und Veränderung
statt. In existentiellen Lebenskrisen wird die Menschheit
nämlich vor die Aufgabe gestellt, sich an neue
Bedingungen anzupassen oder unterzugehen. Wenn z.B.
in der Jungsteinzeit ein Volksstamm zu groß wurde und
das angestammte Gebiet nicht mehr alle ernähren
konnte, zwangen Hunger und Not einen Teil des
Stammes die Region zu verlassen, um sich andere
Lebensräume zu erschließen.
Eine immer wiederkehrende Herausforderung sich an
neue Umweltbedingungen anzupassen, waren ebenso
klimatische Veränderungen, die in regelmäßigen
Abständen die Menschheit vor große Probleme stellte.
Ein solches Beispiel der Anpassung, der einen
bedeutenden Entwicklungsschritt vom Menschenaffen
zum Menschen zur Folge hatte, fand vor ca. 7,5
Millionen Jahren statt. Als sich die klimatischen
Bedingungen auf der Erde änderten und die Wälder
zurückgingen, lagen die in den bewaldeten
Lebensräumen vorkommenden Nahrungsquellen - wie
etwa Obstbäume - zu weit auseinander, um von den
bisherigen Menschenaffen effizient genutzt werden zu
können. Die Anthropologen Peter Rodman und Henry
McHenry sind der Meinung, dass sich der aufrechte
Gang, der eine effizientere Fortbewegung ermöglichte,
nur auf Grund dieser veränderten Umweltbedingungen
hat entwickeln können.
(http://www.evolution-mensch.de/thema/bipedie/bipedie.php)
Es gab für die damaligen Menschenaffen nur die Wahl
sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen oder
unterzugehen.
Es ist fraglich, ob sich der Mensch vom Dryopithecus (frühen Menschenaffen) zum Homo Sapiens hätte entwickeln können, wenn die Umweltbedingungen immer gleich gut geblieben wären. Der Homo Sapiens verdankt demnach seine Menschwerdung Lebenskrisen, die seine Vorfahren dazu motiviert haben, sich neuen Aufgaben und Herausforderungen zu stellen.
Eine persönliche Krise stellt einen Menschen ebenso vor Aufgaben und Herausforderungen und gibt ihm eine Chance, sich in seiner Persönlichkeit weiterzuentwickeln.